20.März 2020
Newsletter in besonderen Zeiten
Lieber Freund, liebe Freundin der Wildnis-Gemeinschaft,
wir hoffen, dass Dich dieser Newsletter bei bester Gesundheit erreicht.
Wir wollen Dir heute ein paar Worte und Gedanken zu den Entwicklungen rund um die Coronavirus-Krise schicken, mit der Intention, dass Du nach dem Lesen mehr Zuversicht und Gelassenheit hast, als vorher.
Die Informationsflut in den Medien kann uns in diesen Tagen ganz schön wuschig machen. Die Unsicherheit, die daraus entsteht, kann in uns schnell Angst auslösen und dann ist es nicht mehr leicht zu entscheiden, was richtig ist. Wenn Dich das Ganze in Deinem Tatendrang lähmt oder sehr müde macht, oder Du das Gefühl hast einfach abhauen zu wollen, oder … (die Bandbreite der Gefühle und Umgangsweisen ist bunt und kreativ) dann ist das ganz normal, denn es ist ein innerer Hochleistungsprozess, das alles zu verarbeiten.
Vielleicht wäre es gut noch gar nichts zu verarbeiten im Sinne von Einordnen, sondern erst mal einfach zu beobachten, was von uns gebraucht wird.
Es gibt einige Bereiche in unserem Leben, die in einem neuen Licht erscheinen. Hier findest Du ein paar Highlights aus der Wildnispädagogik und den Geschichten aus verschiedenen indigenen Kulturen, die Dir auch in solch besonderen Zeiten gute Hinweise geben für den Umgang damit:
Gemeinschaft
Wir beschäftigen uns ja viel mit dem Thema Gemeinschaft und bieten Möglichkeiten, auf friedliche, kreative und individuelle Art und Weise in Gemeinschaft zu sein. Jetzt ist uns die Herausforderung gestellt, Gemeinschaft zu leben, obwohl Treffen und Versammlungen verboten sind und alle dazu aufgerufen sind, weniger soziale Kontakte zu pflegen.
Was bedeutet Gemeinschaft in solch einer Situation? Und wie gehe ich mit meinem Bedürfnis nach Kontakt und Gemeinschaft um?
Gemeinschaft beruht darauf, dass uns das Wohl der anderen genauso am Herzen liegt, wie unser eigenes Wohl. Wenn wir es so sehen, dann können wir zur Zeit viel beitragen. Z.B.:
- Mit FreundInnen, Eltern, Menschen, die emotionale Unterstützung brauchen telefonieren, nette Postkarten und Nachrichten schreiben, Ängste und Sorgen anhören und gelten lassen und andere Themen, die aufbauend sind, einbringen (z.B. Geschichten aus dem Garten, der Natur, vom Frühling )
- Alten Menschen praktische Hilfe anbieten
- Kinderbetreuung in kleinen und nicht wechselnden Kreisen anbieten
- Gute Gedanken und Gebete schicken
- Sich selbst gesund und freudig halten...u.s.w.
Vertrauen
In der nordamerikanischen indigenen Friedenstifter Kultur wird von der Wichtigkeit des Upright Mind, dem aufrechten Geist gesprochen. Natürlich können wir unsere Stimmung nicht in Freude verwandeln, wenn wir innerlich anders fühlen.
Beim Upright Mind geht es darum, einen klaren Geist zu bewahren, der auch in schwierigen Situationen, frei von Angst und Sorge gute Entscheidungen für sich und andere treffen kann. Es ist wichtig, uns zu informieren und das aktuelle Geschehen nicht zu ignorieren. Aber hilft es mir für eine klaren Geist, wenn ich abends vor dem Schlafen-Gehen noch mal 5 verschiedene Artikel zum Corona-Geschehen lese? Oder gibt es einen besseren Weg, um informiert und doch zuversichtlich zu sein? Ein paar Tips, die uns in den letzten Tagen weiter geholfen haben:
- Gehe weiter oder jetzt neu an einen Ort in der Natur, der gut zu erreichen ist und beobachte die Natur, versuche dort durch das Wahrnehmen, innerlich leer zu werden und sei freundlich mit Dir, wenn Deine Gedanken nicht aufhören zu strömen, dann ist das gerade so (das ist der oft genannte Sitzplatz)
- Wenn Du in irgendeiner Form meditierst oder eine Praxis hast, für andere Menschen, die Erde, für Dich selbst gute Wünsche, Gedanken, Gebete rauszuschicken, dann tue das regelmäßig! Es wird Dir helfen, Dich besser und vertrauensvoller zu fühlen!
Selbstfürsorge
Viele berichten uns, dass sie durch das Innehalten auch plötzlich erkennen unter welchem Druck und in welcher Spannung sie in der letzten Zeit standen. Viele Anforderungen und auch viel Freizeitstress und Ablenkung fällt ja einfach weg und es entsteht plötzlich viel Raum und Zeit. Manche hatten so etwas schon länger nicht mehr und fangen an sich auf eine andere Weise zu entschleunigen. Wie ist es dies erstmal anzunehmen und sich wieder in die Langsamkeit hinein zu entspannen? Vielleicht merken wir, dass viele Freizeittermine nicht nur gut getan haben, sondern manchmal zu viel waren. Wie fühlt es sich an einfach mal im Gras zu liegen, die Vögel beim Nestbau zu beobachten, ein Gedicht zu schreiben?
Selbstfürsorge in dieser Zeit könnte sein:
- Meine Ups und Downs beobachten und liebevoll annehmen und mir Zeit dafür schenken
- Spielen, Musik machen, Socken stricken, werkeln, reparieren, backen etc. (mich im freudigen Tun halten, um mal den Kopf frei zu bekommen)
- Mir und/oder der Familie gesundes, gutes Essen zubereiten, vielleicht gute Wünsche einrühren
- Jeden Tag 4 Sachen finden, für die Du dankbar bist
- Genuss in Dein Leben bringen, wie auch immer das für Dich aussieht, das ist ja individuell
- Tagebuch schreiben
- Telefoncouncil mit mehreren
Verbindung
Verbindung leben ist ein großes Lebenselexier. Jetzt sind wir in der Situation Verbindungen zu halten, zu nähren, auch wenn wir nicht physisch zusammen sind.
In der Wildnispädagogik geht immer um die Verbindungen zur Natur, zu mir selbst und zu den anderen. Wie kann ich eine tiefe Verbindung in dieser Zeit pflegen?
- Zur Natur: das ist am Leichtesten von den Dreien, wenn Du rausgehen kannst. Wenn Du im Haus bleiben kannst, dann öffne die Fenster und lausche auf die Vogelstimmen, nimm den Frühling in der Luft wahr, bemerke das Licht, das im Frühling anders geworden ist, …
- Zu mir selbst: das ist eine Zentrale Sache, um auf allen Ebenen gesund zu bleiben. Nimm Dir Zeit für Deine Gefühle, höre Dir selber zu, verlangsame Deine Gedanken und versuche immer wieder in den Moment, ins Jetzt zu kommen. Bestimmt kennst Du Methoden dafür (auf Vogelstimme hören, meditieren, Yoga machen, …)
- Zu anderen: wenn Du Familie hast, dann spiele mit Hingabe mit deinen Kindern, spielt, singt, musiziert miteinander, erzählt Euch gegenseitig abends Geschichten, macht Redekreise, in denen jedeR zu Wort kommt ohne Unterbrechung, etc. Wenn Du allein zu Hause bist, dann finde jemandem, mit dem Du Dich am Telefon/per Skype/Zoom etc. regelmäßig austauschen kannst.
Selbstmitgefühl
Bei all dem, was auf uns herein prasselt, ist es immer wieder gut, wenn Du mit Dir und Deinen Gefühlen gut umgehst, besonders, wenn Du Dein Verhalten, Deine Gedanken, Deine Gefühle nicht magst. Wenn Du bemerkst, dass Du Dich ermahnst, bewertest, maßregelst, in eine jämmrige Stimmung verfällst oder Dich schämst, es gerade nicht besser zu machen, nicht stärker, nicht gelassener sein kannst. Dann nimm Dir eine Zeit, Dich selbst in den Arm zu nehmen und Dir selbst zu sagen: Du hast Dein Bestes gegeben. Es ist in Ordnung. Oder lausche nach innen, welcher Satz Dir Trost und Beruhigung schenken kann. Du kannst ruhig verschiedene Sätze ausprobieren und den, der am besten wirkt, Dir häufiger und immer wieder im Alltag sagen. Das kann sehr tröstend sein!
Das sind natürlich alles nur Anregungen, die keinesfalls vollständig sein können. Aber es wäre schön, wenn irgendetwas einen Impuls da gibt, wo Du gerade fest stecktest.
Wie wir in vielen Posts und Nachrichten gerade zugeschickt bekommen, geschieht in der Natur einiges Erstaunliches, wenn wir Menschen uns anders verhalten.
Berichte von klarer Luft in Norditalien, von Vögeln in China, die man wieder singen hört, von Fischen, die wieder in Venedig schwimmen, etc..
Ja, wir können in dieser Krise lernen, gemeinsam zu handeln und uns auf das Wesentliche zu besinnen: was wir Menschen wirklich brauchen, was es bewirken kann, wenn das Ego dem Gemeinschaftlichen Platz macht, wie es ist, wenn es Zeit gibt, was die Natur für uns in Krisenzeiten bedeutet, wie schön und Zuversicht spendend ein sonniger Tag im Frühling sein kann, wieviel Kraft darin steckt, wenn wir uns innerlich verbinden und uns die Verbindungen, die sowieso da sind, bewusst machen und diese stärken und intensivieren.
Wir denken auch an die Menschen, die auf irgendeine Art im Gesundheitssystem arbeiten und gerade an ihren Kapazitätsgrenzen sind. Sie tun Unglaubliches für die Gesundheit anderer, die krank sind. Wir denken an die, die Lebensmittelgeschäften, Drogerien, Apotheken arbeiten, uns mit dem lebensnotwendigen versorgen und vielleicht Angst haben, sich dort zu infizieren. Wir denken an die, die alleinerziehend gerade nicht wissen, wie sie arbeiten und ihre Kinder versorgen sollen. Wir denken an ältere Menschen, die in Sorge sind um ihr Leben, an diejenigen, die in Quarantäne sind und noch nicht wissen, was kommt. Wir senden Euch den innigen Wunsch in Freude und Gesundheit sein zu können.
Was werden wir fühlen, wie werden wir handeln und was werden wir gelernt haben, wenn wir in einer zukünftigen Zeit auf die Corona-Krise zurückschauen werden? Welche neuen und nachhaltigen Strukturen wird es vielleicht geben, weil alles genau so war, wie es war?
Wir halten das Bild von einer gesünderen und glücklicheren Gesellschaft, die friedlich und nachhaltig miteinander und der Natur lebt, wach in unseren Herzen. Wir freuen uns mit Dir darauf hin zu arbeiten, wenn Du magst.
Wir wünschen Dir Gesundheit und Glück!
Mit verbundenen Grüßen,
Judith und Myriam